Das andere Geschlecht:

Frauen in Augsburg

In der Augsburger Bildwelt um 1500 sind Frauen sehr präsent. Führende Künstler wie Hans Burgkmair oder Hans Holbein d.Ä. porträtierten zahlreiche wohlhabende Bürgerinnen und Patrizierinnen. In historischen Quellen der Zeit sind diese allerdings oft nur schwer fassbar. Im sozialen Gefüge der Stadt spielten Frauen dennoch eine maßgebliche Rolle.

Tippen Sie auf einzelne Personen und erfahren Sie mehr über bemerkenswerte Frauen, die um 1500 in Augsburg anzutreffen waren.

Kirchliche Karriere – Veronika Welser

(† 1531)

Veronika Welser stammte aus einer mächtigen Handelsfamilie. Jung trat sie bei den Dominikanerinnen von St. Katharina ein. Das größte Frauenkloster der Stadt zog viele Mitglieder der Oberschicht an.

Ab 1504 leitete Veronika das Kloster. In ihre Amtszeit fielen umfangreiche Aus- und Umbauarbeiten. Mit der Ausstattung betraute sie die führenden Maler Augsburgs. Für den Kapitelsaal fertigten u.a. Holbein d.Ä. und Burgkmair „Basilikenbilder“ an, die den sieben Hauptkirchen Roms gewidmet sind. Die Bilder wurden allesamt von Frauen gestiftet und weisen auf ein Privileg der Nonnen hin: Die Dominikanerinnen konnten durch Gebete denselben Sündenerlass wie auf einer Pilgerfahrt zu diesen Kirchen erlangen – ohne dafür ihr Kloster verlassen zu müssen.

Mit der Reformation brachen turbulente Zeiten an: Klöster verzeichneten Austritte, wurden angegriffen oder sogar aufgehoben. Veronika nutzte den Reichstag von 1530, um das Fortbestehen St. Katharinas zu sichern. Insgesamt blieben vier von acht Frauenklöster in der „protestantischen Phase“ der Stadt bestehen – alle Männerklöster wurden geschlossen.

München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Staatsgalerie in der Katharinenkirche Augsburg

In der Studierstube – Margarete Welser

(1481–1552)

Margarete Welser entstammte einem alteingesessenen Geschlecht mit internationalen Handelsverbindungen. Sie war gebildet und sehr belesen. 1499 heiratete sie den Gelehrten Konrad Peutinger. Dieser beschrieb Margarete nicht nur als „sittsam, besonnen, schön“, sondern auch als „mit der lateinischen Literatur ziemlich vertraut“. An ihrem Schreibtisch soll sie eigenen wissenschaftlichen Interessen nachgegangen sein, bei Treffen gelehrter Köpfe im Hause Peutinger-Welser mitdiskutiert haben.

Bewusst inszenierte Konrad die Klugheit seiner Frau: Er verfasste einen Text, in dem anhand antiker Quellen die Rolle der Gelehrten-Ehefrau erörtert wird. Kurioserweise gab er ihn als Werk Margaretes aus. Das Schriftstück zeigt jedoch ein partnerschaftliches Verständnis von Ehe und hohe Anerkennung für die Leistungen seiner Frau, die die Erziehung der zehn Kinder übernahm. Auch die humanistische Bildung seiner Töchter wusste der Vater in Szene zu setzen: Juliana war knapp vier Jahre alt, als sie öffentlich ein lateinisches Gedicht aufsagte; auf dem Reichstag in Worms wurde stolz ein Brief seiner Tochter Konstantia präsentiert.

Im Augsburg des 16. Jahrhunderts konnten über 30 % der Bevölkerung lesen und schreiben – ein vergleichsweise hohes Bildungsniveau. In der Stadt gab es über 30 Schulen, deren Schulkinder zur Hälfte weiblich waren!

München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Staatsgalerie in der Katharinenkirche Augsburg, Inventarnummer L 2217 (Leihgabe der Städtischen Kunstsammlungen Augsburg Inv.-Nr. 3613)

Es bleibt in der Familie: Meisterinnen in Augsburg

Dieses ungewöhnliche Gemälde zeigt den Maler Hans Burgkmair mit seiner Frau Anna Allerlay. Über Anna wissen wir kaum etwas. Vielleicht unterstützte sie Burgkmair bei seinen beruflichen Unternehmungen? Kinder jedenfalls halfen in der Regel von klein auf im väterlichen Betrieb mit.

Anders als ihre Brüder konnten Mädchen sich jedoch nicht vom Vater zu Meisterinnen der Malerzunft ausbilden lassen – obwohl es um 1500 in einigen anderen Augsburger Zünften selbstständige Meisterinnen gab. Deren Werkstätten waren jedoch deutlich kleiner als die ihrer männlichen Kollegen.

Auch wenn Frauen als Künstlerinnen eigenständige Werke schufen, blieben sie oft unsichtbar. Das belegt etwa das Beispiel der Buchmalerin Magdalena F[…]: Bis zum Tod ihres Mannes Narciss Renner ist sie in schriftlichen Quellen lediglich unter seinem Namen dokumentiert.

Lindenholz, 59,7 × 52 cm. Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 924 © KHM-Museumsverband, Kunsthistorisches Museum Wien

Kaum zu fassen – Katharina Schwarz

Offenes Haar, sehnsuchtsvoller Blick, Rad und Schwert – wahrscheinlich handelt es sich bei der Dargestellten um Katharina Schwarz, die hier in die Rolle ihrer Namenspatronin, der heiligen Katharina, geschlüpft ist. Wie so viele Frauen, die uns aus Porträts dieser Zeit anblicken, gewinnt auch Katharina in den historischen Quellen kaum an Profil.

Ihre männlichen Verwandten sind deutlich besser belegt: Vater Ulrich d.J. war Weinhändler und Wirt; ihr Bruder Matthäus war Hauptbuchhalter Jakob Fuggers und für seinen exquisiten Modegeschmack stadtbekannt. Katharinas Neffe Hans Schwarz machte sich als Medailleur einen Namen.

Ein Votivbild ihres Vaters Ulrich veranschaulicht außerdem, wie weitverzweigt die familiären Netzwerke in Augsburg sein konnten: Es zeigt ihn im Kreis seiner drei Frauen und 31 Kinder! Die Namen der Söhne sind auf dem Bild vermerkt, die Töchter bleiben – bis auf Katharina – unbenannt.

Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Staatsgalerie in der Katharinenkirche Augsburg
Ahornholz, 39,5 x 28,4 cm. Gotha, Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Inv.-Nr. SG 692

In die Wiege gelegt – Barbara Bäsinger

(um 1420–1497)

Barbara Bäsinger, Tochter eines Goldschmieds und Münzmeisters, heiratete 1441 Jakob Fugger d.Ä. Das Paar bekam elf Kinder. Als Jakob starb, übernahm Barbara das Familienunternehmen. Vom Verwaltungssitz in der „Goldenen Schreibstube“ aus führte sie den Betrieb 28 Jahre lang bis zu ihrem Tod. Es gelang ihr, das Fugger’sche Vermögen um über tausend Prozent zu steigern!

Barbaras Sohn Jakob der Reiche konnte den wirtschaftlichen Erfolg der Fugger weiter ausbauen. Das dafür nötige Startkapital verdankte er der Geschäftstüchtigkeit seiner Mutter. Dennoch verfügte Jakob, dass Frauen das Unternehmen nicht mehr leiten durften.

Um 1500 sind in Augsburg mehrere Frauen in der Kaufmannszunft nachweisbar. Vor allem Witwen wie Barbara Bäsinger nahmen aktiv am Wirtschaftsleben teil. So sagt das Stadtrecht über die Kauffrau: „Was sie denn tut, das hat wohl kraft“. Im Laufe des 16. Jahrhunderts wurden die Spielräume geschäftstätiger Frauen aber zunehmend kleiner.

Verehrt und verteufelt – Anna Laminit

(um 1480–1518)

Die Biografie Anna Laminits scheint nahezu filmreif: In jungen Jahren wegen Zuhälterei an den Pranger gestellt und davongejagt, trat sie später in eine Gemeinschaft frommer Frauen ein. Dort machte sie sich einen Namen als „lebende Heilige“, die keinerlei Nahrung zu sich nahm und himmlische Visionen hatte.

Bald war Laminit weit über die Grenzen Augsburgs bekannt. Sie begeisterte quer durch alle sozialen Schichten. Auch Martin Luther, Maximilian I. und dessen zweite Frau Bianca Maria Sforza bewunderten sie. Letztere veranlasste – aufgrund einer Vision Laminits – 1530 sogar eine große Bußprozession durch Augsburg.

Die „lebende Heilige“ entpuppte sich jedoch als Betrügerin. Sie aß heimlich und unterschlug Almosen, um sich zu bereichern. Von Kunigunde, der Schwester Maximilians I., überführt, wurde Anna Laminit 1514 der Stadt verwiesen. Ihre Betrügereien führte sie andernorts fort. Vom Glück verlassen, wurde sie schließlich 1518 verurteilt und hingerichtet.

Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum

„Bis dass der Tod euch scheidet“ – Sibylla Artzt

(um 1480–1546)

Schroder Collection on permanent loan to the Holburne Museum, Bath

Mit achtzehn Jahren heiratete Sibylla Artzt Jakob Fugger den Reichen. Vermutlich waren es aber nicht nur ihre Jugend und Schönheit, die den bereits 39-jährigen Geschäftsmann anzogen.

Die Ehe mit Sibylla, Tochter einer der angesehensten Familien Augsburgs, bedeutete sozialen Aufstieg: Sie verschaffte Jakob Zutritt zur „Herrenstube“, einem exklusiven Treffpunkt einflussreicher Persönlichkeiten. Die Ehe blieb kinderlos, Jakobs Neffen wurden als Erben des Unternehmens eingesetzt.

Über das gemeinsame Leben des Paares ist wenig bekannt. Umso mehr Quellen berichten, wie sich dessen Wege trennten. Denn als Jakob 1525 starb, kam es zu einem handfesten Skandal: Nur sieben Wochen nach seinem Tod nahm Sibylla den protestantischen Glauben an und heiratete den Patrizier Konrad Rehlinger. Jakobs Nachlass musste vor Gericht geregelt werden, wo Sibylla endgültig mit der Familie Fugger brach. Das belegt auch ihr Testament, in dem ihr erster Mann – entgegen damaligen Sitten – mit keinem Wort erwähnt wird.

Heiß umkämpft – Maria von Burgund

(1457–1482)

Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 4400 © KHM-Museumsverband, Kunsthistorisches Museum Wien

Als das erste Mal um ihre Hand angehalten wurde, war Maria von Burgund gerade einmal fünf Jahre alt. Wie viele adelige Töchter war sie Spielstein im Ringen um politische Macht. Auch die Familie Habsburg führte Heiratsverhandlungen mit Marias Vater Karl dem Kühnen – zunächst erfolglos.

Als Karl 1477 überraschend starb, war Maria seine einzige Erbin. Als Frau musste sie ihren Machtanspruch gegen große Widerstände durchsetzen. Unterstützt wurde sie dabei von ihrer Stiefmutter Margarete von York. Angesichts des drohenden Erbfolgekriegs mit Frankreich entschied sie, Maximilian I. zu heiraten. Die Ehe währte allerdings nur kurz: Nach einem Reitunfall starb die burgundische Herzogin mit nur 25 Jahren.

Obwohl sie Augsburg nie betreten hatte, war Maria hier anzutreffen. Auf Geheiß Maximilians wurde sie in zahlreichen Bildwerken, wie etwa dem Theuerdank, dargestellt. Die Gründe dafür waren aber nicht rein sentimental: Das Haus Habsburg wollte so seine Rolle als Erbe Burgunds betonen.

Bildinfos

Hans Holbein d. Ä., Stifterbildnis der Veronika Welser, um 1504. München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Staatsgalerie in der Katharinenkirche Augsburg

Christoph Amberger, Bildnis Margarete Peutinger, geb. Welser, 1543. München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Staatsgalerie in der Katharinenkirche Augsburg, Inventarnummer L 2217 (Leihgabe der Städtischen Kunstsammlungen Augsburg Inv.-Nr. 3613)

Laux (Lucas) Furtenagel, Bildnis des Hans Burgkmair d. Ä. und seiner Frau Anna, 1529, Lindenholz, 59,7 × 52 cm. Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 924 © KHM-Museumsverband, Kunsthistorisches Museum Wien

Hans Holbein d. Ä., Hl. Katharina (Bildnis der Katharina Schwarz?), um 1509/10, Ahornholz, 39,5 x 28,4 cm. Gotha, Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Inv.-Nr. SG 692

Jörg Breu d. J. (Werkstatt), Porträt der Barbara Fugger (geb. Bäsinger) im Ehrenbuch der Fugger, 1545–49. München, Bayerische Staatsbibliothek

Hans Burgkmair d. Ä., Bildnis der Anna Laminit, 1502/03. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum

Hans Burgkmair d.Ä. (?), Bildnis des Jakob Fugger und der Sibylla Artzt, 1498. Schroder Collection on permanent loan to the Holburne Museum, Bath

Niklas Reiser (?), Bildnis der Maria von Burgund, um 1500. Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 4400 © KHM-Museumsverband, Kunsthistorisches Museum Wien