Nicht nur in Augsburg! – Renaissance in Wien

In Wien finden sich – im Vergleich zu Augsburg – nur wenige Spuren der Renaissance. Das bedeutet aber nicht, dass Wien um 1500 eine ganz und gar mittelalterliche Stadt gewesen wäre: Das städtische Bürgertum agierte auch hier mit neuem Selbstbewusstsein, Gelehrte verbreiteten humanistisches Gedankengut an der Wiener Universität und das Kunstschaffen wurde zunehmend durch neue Formen und die sich wandelnden Weltbilder bestimmt. 

Geschäftsbeziehungen – die Fugger in Wien

Unter der Führung Jakob Fuggers „des Reichen“ richteten die Fugger auch in Wien eine Agentur ein, die besonders für den Handel mit Ungarn eine erhebliche Rolle spielte. Die Wiener Niederlassung der Fugger befand sich im Kölner Hof. Die Köllnerhofgasse im ersten Bezirk erinnert an diesen, mehrere Innenhöfe umfassenden Gebäudekomplex, der im 18. Jahrhundert geschliffen wurde. 1511 gründeten die hiesigen Kaufleute die Wiener Handelsgesellschaft, die ebenfalls enge Geschäftskontakte zu den Fuggern pflegte.

Zustand des Kölner Hofes im Jahr 1794, nach zahlreichen Umbauten, aus: Wilhelm Kisch: Wien, Die alten Strassen und Plaetze Wien’s und ihre historisch interessanten Haeuser. Ein Beitrag zur Culturgeschichte Wiens mit Rücksicht auf die vaterländische Kunst, Architektur, Musik und Literatur, Wien 1883, 394, Abb. 141

Denkgemeinschaften – Konrad Celtis an der Wiener Universität

Konrad Celtis zählt zu den bekanntesten humanistischen Gelehrten des deutschsprachigen Raumes. Er pflegte nicht nur engen Kontakt mit Konrad Peutinger, sondern bedachte auch Albrecht Dürer und Hans Burgkmair mit Aufträgen. Kurz vor 1500 wurde er von Kaiser Maximilian I. als Lektor an die Wiener Universität berufen, deren Gebäude sich damals im Bereich des heutigen Doktor-Ignaz-Seipel-Platzes im ersten Bezirk befanden.

Albrecht Dürer, Konrad Celtis überreicht Kaiser Maximilian I. eine Ausgabe seiner „Amores“ [am unteren Rand das Wappen der Stadt Wien], aus: Konrad Celtis, Quatuor Libri Amorum, Nürnberg 1502

Reisebekanntschaften – Kunst und Ideen im europäischen Netzwerk

In den Beständen des Kunsthistorischen Museums haben sich zahlreiche Objekte erhalten, die von Reisen und regem Austausch europäischer Kunstschaffender und Gelehrter um 1500 zeugen. So befand sich beispielsweise der junge Lukas Cranach, aus Franken stammend und wohl zuvor in Nürnberg tätig, zu dieser Zeit in Wien. Hier bewegte er sich im Kreis der Humanisten um Konrad Celtis. Gemälde wie die sogenannte Schottenkreuzigung weisen eine neuartige, stark expressive Bildsprache auf und zeigen den Menschen in engster Verbindung zur Natur. Diese Neuerungen prägten die deutsche Kunst nachhaltig und lassen sich auch später – etwa in Werken der „Donauschule“ – beobachten.

Lucas Cranach d.Ä., Kreuzigung Christi (sog. Schottenkreuzigung), um 1500/01. Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 6905

Formverwandtschaften – italienische Architekturformen im Herzen Wiens

Mit seiner prachtvollen Rahmung – der profilierten Laibung, den reich verzierten Säulen und dem monumentalen Architrav mit Segmentgiebel – ist das Portal der Salvatorkirche ein frühes Beispiel für die Architektur der Renaissance in Wien. Lateinische Inschriften benennen den Patron der Kirche, Christus Salvator, und die beiden Stifter. Der Rechte der beiden Schildträger präsentierte ehemals das Wappen Kaiser Maximilians I. Das Portal wurde 1519 fertiggestellt – ein Jahr nach der Weihe der Fuggerkapelle in Augsburg.

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