Der Handwerker & Der Künstler

Das Selbstverständnis der
Kunstschaffenden ändert sich

Im Mittelalter galt die Kunst als reines Handwerk und weniger als geistige Schöpfung.
Sie strebte vor allem danach, das Göttliche zu zeigen. Die spätmittelalterliche Kunst wurde von der Religion und insbesondere durch kirchliche Lehrsätze geleitet. Im Gegensatz dazu wurde in der Renaissance der Fokus auf das Anmutige, Irdische und Menschliche gelegt. Dies lässt sich durch die Wiederbelebung des Weltbildes der Antike Griechenlands und Roms begründen. Diese Rückbesinnung ebnete den Weg zu neuen Erfindungen und Entdeckungen.

Noch Handwerker?

Hans Holbein d. Ä.

Hans Holbein d.Ä. war der Senior einer berühmten Malerfamilie, zu der auch sein Bruder Sigmund sowie seine Söhne Ambrosius und Hans Holbein d.J. gehörten. Neben seinen Altargemälden verdienen besonders seine Zeichnungen Beachtung: sein zeichnerisches Werk ist das umfangreichste eines deutschen Künstlers vor bzw. neben Albrecht Dürer.

Geboren1465, Augsburg, Deutschland
Verstorben1524 Isenheim oder Basel (?), Deutschland
KinderHans Holbein d.J. Ambrosius Holbein
Partnerin?
ElternMichael Holbein, Anna Mair

Schon Künstler?

Hans Burgkmair d. Ä.

Als Sohn eines Malers begann Hans Burgkmair d.Ä. seine künstlerische Ausbildung sicher bereits in sehr jungen Jahren. Die enge Beziehung zu Konrad Peutinger verhalf ihm zu zahlreichen kaiserlichen Aufträgen. Durch seine intensive Auseinandersetzung mit der italienischen Renaissance und seine Innovationen im Bereich der Druckgrafik wurde Burgkmair zu einem der begehrtesten Künstler Augsburgs. 

Geboren1473, Augsburg, Deutschland
Verstorben1531, Augsburg, Deutschland
ElternThoman Burgkmair (um 1444–1523), ?
KinderHans Burgkmair d. J.
PartnerinAnna Burgkmair (1477–1554)

Künstleremanzipation

Aus Handwerkern werden Künstler

Die Renaissance brachte den Künstlern, die bis dahin als Handwerker galten, einen erheblichen Ansehensgewinn.

Die Loslösung der Künstler von den Bindungen des Handwerks geschah durch den Erwerb humanistischer Bildung, welche die Künstler zu Gleichrangigen mit Gelehrten und vermögenden Gebildeten machen konnten. Auch Hans Burgkmair wuchs aus dem Handwerkerstand in ein intellektuelles Milieu hinein.

Zahlreiche Selbstbildnisse Burgkmairs belegen sein Selbstverständnis als Individuum und als geistig Schaffender. Die frühesten erhaltenen Selbstzeugnisse sind diese beiden erstaunlichen Zeichnungen, die Burgkmair zur Erinnerung an seine Verlobung und ein halbes Jahr später an seine Hochzeit mit Anna Allerlay schuf.

Sie dokumentieren gleichermaßen sein Selbst- wie sein Modebewusstsein, da sie so offenkundig seinen Stolz auf die eigene Erscheinung belegen.

In solcher Gestalt nahm ich mein Weib Anna Allerlay

Hans Burgkmair, Feder in Grauschwarz bzw. Schwarz, farbig aquarelliert, auf Papier, Wien, Albertina, 1497

Einen besonders hohen Quellenwert besitzen sicherlich die ausführlichen Zeilen auf dem Bildnis zur Verlobung: Sie sind ein erster Nachweis für Burgkmairs lange Jahre währende Verbindung mit dem Augsburger Humanisten und Stadtschreiber Konrad Peutinger, in dessen Haus die Verlobung stattfand.

Tod und Jugend

Dieses letzte Porträt Burgkmairs, der 1531 sterben sollte, ist zugleich sein rätselhaftestes: Es trägt die Signatur seines Schülers Laux Furtenagels und dürfte ein verlorenes, ebenfalls 1529 gemaltes Selbstbildnis des Malers kopieren.

Das erschütternde Doppelbildnis von 1529 zeigt Burgkmair und seine Ehefrau Anna in Vorahnung des kommenden Endes:

Als Totenköpfe kehren sie im Spiegel wieder.
Die Blicke des Paares und die Geste des Malers wollen uns darüber hinaus dazu auffordern, uns des eigenen zukünftigen Todes bewusst zu werden. Das kann Kunst: Wir können immer noch über das Bild mit dem Paar in Kontakt treten.

Erhalten hat sich bis heute der Siegelring, der am Zeigefinger der uns entgegengestreckten Linken des Malers steckt.

Er ist mit den Initialen Burgkmairs und dem Wappen geschmückt, das Maximilian I. ihm 1516 verliehen hatte. Dies zeigt die hohe Wertschätzung, die der Monarch seinem Künstler entgegengebracht hat.
Maximilian I. hat es verstanden, bedeutende Künstler für seine Zwecke einzusetzen.

Künstler im Wettbewerb

Kollegen & Konkurrenten

Augsburg bot vielen Künstlern die Möglichkeit, erfolgreich zu arbeiten. Auf dem Gebiet der Malerei waren Hans Holbein d.Ä. und Hans Burgkmair die führenden Köpfe der Stadt. Beide führten die Malerei in eine neue Zeit.

Doch unterschieden sie sich in ihrer Auffassung von Kunst:

Burgkmair verarbeitete schon früh Formen der Renaissance, angeregt von der italienischen Kunst. Seine späteren Gemälde enthalten die warme Farbpalette der venezianischen Malerei.

Der etwa zehn Jahre ältere Holbein orientierte sich zunächst am Stil der Altniederländischen Maler. Dramatische Lebendigkeit, leuchtende Farbwirkung und Prägnanz des Ausdrucks sind die Merkmale seiner Kunst. Erst der letzte Abschnitt seines Schaffens ist geprägt vom Einfluss der italienischen Renaissance.

Die Ordensfrauen des Dominikanerinnenklosters St. Katharina hatten ab 1499 eine Reihe von Gemälden in Auftrag gegeben, welche den sieben Hauptkirchen Roms gewidmet waren. Im Zentrum der Bilder sind daher Fantasieansichten römischer Basiliken zu sehen. Besonders praktisch: Das Gebet in St. Katharina, vor diesen Bildern, ermöglichte einen Ablass – ganz ohne die beschwerliche Pilgerreise nach Rom.

Als Hans Burgkmair diese Tafel seines älteren Kollegen Hans Holbein d.Ä. betrachtete, könnte ihm aufgefallen sein, dass Holbein darin italienische Motive integriert hat und ihm darin einen Schritt voranging. Der Henker, der den Apostel Paulus enthauptet, orientiert sich beispielsweise an einem römischen Gemälde des Renaissancekünstlers Masolino.

Vielleicht war es väterlicher Stolz, der Hans Holbein dazu führte, sich hier selbst mit seinen Söhnen darzustellen. Er erkannte offenkundig das Ausnahmetalent insbesondere seines jüngeren Sohnes Hans. Sein Finger zeigt unübersehbar auf den Jüngeren, der seinerseits von seinem älteren Bruder fürsorglich nach vorne geschoben wird.

Burgkmair fertigte drei Zeichungen von diesem Bild Holbeins an. Während der Papst in diesem Gemälde das Haupt des hl. Paulus in den Händen trägt, hält er in Burgkmairs Zeichnung aber ein Ziborium, einen Hostienkelch. Röntgenbilder belegen allerdings, dass an dieser Stelle zuerst wirklich ein Ziborium zu sehen war das Holbein später wieder übermalte. Burgkmair muss das Gemälde also noch in einem frühen unfertigem Zustand gesehen haben – vielleicht sogar in der Werkstatt seines Konkurrenten.

Unterschiede der Generationen

Der Wandel wird sichtbar

Maria mit dem Kind

In diesem Marienbild orientiert sich Hans Holbein d.Ä. an vorbildlichen Schöpfungen altniederländischer Meister des
15. Jahrhunderts, die ganz allgemein für die deutsche Malerei der Zeit prägend waren.
Die stillebenhaften Elemente, die Betonung stofflicher Qualitäten und die frontale Darstellung erinnern an die flämischen Vorbilder. 

Der Heilige Lukas malt die Madonna

Von italienischen Anregungen geprägt ist dagegen der Madonnen­-Holzschnitt Burgkmairs. Bemerkenswert ist, wie Burgkmair die Figuren schräg und unter freiem Himmel im Bildraum positioniert. Die Schrägansicht lässt ein neues Interesse an der Erschließung des Raums erkennen. Indem er Renaissance­-Architektur verwendet, zeigt er seine Vorliebe gegenüber italienischen Eindrücken. 

Extranah

Bei Burgkmair umgreift ein Engel die vordere Säule und hält dem Kind einen Apfel entgegen. Wir sehen ihn von hinten. Ein anderer, geradezu versteckt, lugt hinter der zweiten Säule rechts hervor. Er übernimmt sogar die Rolle eines Werkstattgehilfen für den Hl. Lukas, indem er dem Farbnapf eine Prise von irgendetwas hinzufügt.

Beide Säulenengel sind ebenso als Paar aufzufassen wie die beiden Engel bei Holbein. 

Holbein benutzt den traditionellen Goldhintergrund statt eines Ausblicks in eine Landschaft. Die Engel halten unmittelbar nebeneinander in kühnen Posen die Krone der Maria und das Ehrentuch hinter ihr.

Geld und Kunst

In Anlehnung an den Adel nahmen die Fugger auch im Mäzenatentum einen hervorragenden Platz ein und trugen wesentlich zur kulturellen Blüte der Stadt Augsburg und der deutschen Renaissance bei.

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