Boomtown
Augsburg
Ein Zentrum der Renaissance
nördlich der Alpen:
Geschichte, Geld und Politik
Durch die zentrale Lage an alten Fernstraßen entwickelte sich Augsburg zu einer bedeutenden Handelsmetropole. Durch ihren Reichtum erlebte sie eine unvergleichliche kulturelle Blüte. Die freie Reichsstadt war nur dem Kaiser selbst untertan. Viele Reichstage fanden dort statt, zu denen sich der Kaiser und die Fürsten des ganzen Reichs zu Beratungen getroffen haben.
Hier wurde große Politik und große Kunst gemacht.
Renaissance im Norden
Vor allem kunstsinnige Handelshäuser wie das der Fugger pflegten internationale Kontakte, durch die zahlreiche italienische Kunstwerke in die Stadt kamen. Dadurch erhielt man hier früher und nachhaltiger als in alle anderen Städten nördlich der Alpen Kenntnis von der neuartigen Kunst und Kultur der italienischen Renaissance. Das kam auch dem Selbstverständnis der Bürger*innen entgegen, denn Augsburg besteht als römische Gründung seit der Antike, man war dort selber „römisch“.
Aus Alt mach neu
Augsburg war seit dem 15. Jahrhundert ein Zentrum der Plattnerei, der Kunst der Herstellung von Rüstungen.
Während dieser Harnisch für den späteren Kaiser Maximilian I. noch ganz den ästhetischen Vorlieben der Gotik verpflichtet ist, handelt es sich bei der Bronzefigur des antiken Meeresgottes Neptun bereits um ein damals sehr modernes Kunstwerk der Renaissance. Sie zählt zu den ersten öffentlich aufgestellten Aktfiguren der Nachantike. In ihr verkörpert sich sowohl die Antikenbegeisterung, als auch die Abkehr von katholischer Heiligenverehrung.
Augsburg
Metropole mit globalen Wirtschaftsunternehmen
Um 1500 war Augsburg eines der bedeutendsten wirtschaftlichen
und kulturellen Zentren nördlich der Alpen.
Das lag neben der günstigen geografischen Lage vor allem auch an der engen Vernetzung zwischen Kaiser Maximilian I. und den Augsburger Handelshäusern, besonders dem der Fugger. Sie gewährten dem Herrscher Darlehen zur Finanzierung von Reichstagen und Feldzügen und erhielten im Gegenzug Einfluss auf die Reichspolitik.
Der steigende Wohlstand der Stadt zog immer mehr Kaufmannsfamilien an, die sich auch an Eroberungs- und Entdeckungsfahrten außerhalb Europas beteiligten und somit vom Handel mit „exotischen“ Waren und Gewürzen profitierten.
Die statt hat überaus köstliche Häuser,
weite und saubere Gassen [...].
Matthias Quad, Teutscher Nation Herligkeit (The Excellency of the German Nation), 1609
Zünfte
Die Ratsverfassung Augsburgs regelte die städtische Eigenverwaltung.
Das republikanische Rom der Antike war dafür das Vorbild.
Die Handwerker waren in Zünften organisiert, die ein politisches Mitspracherecht besaßen und Macht über Produktion und Handel ausübten. Die Zunftordnung war eine reichsstädtische Einrichtung mit jahrhundertealter Tradition. 1548 wurde sie durch Kaiser Karl V. abgeschafft.
Neues Denken in einer neuen Zeit
Die Macht der Gelehrten
Ein Merkmal der Renaissance ist der Humanismus, eine Bildungsbewegung, die eine optimale Entfaltung der persönlichen Fähigkeiten durch die Verbindung von Wissen und Tugend anstrebte. Der neuen Bewegung anzugehören hieß, durch Nachahmung antiker Vorbilder eine ideale Existenz zu verwirklichen.
Humanistische Forschungen und Sammlungen existierten in Augsburg schon früh. Eine ausgeprägte Bildungsbegeisterung und geistige Erneuerung war durch den von Italien beeinflussten Konrad Peutinger gegeben. Er regte das Sammeln von römischen Münzen, Steindenkmälern, von Urkunden und anderen historischer Quellen an. Er unterstützte und koordinierte auch die großen Buchprojekte Kaiser Maximilians I.
Die geistig aufstrebende Stadt zog nach 1500 bedeutende Gelehrte an. Kenntnisse des Lateinischen, Griechischen und Hebräischen wurden wichtig, um alte Schriften lesen zu können. Zahlreiche Übersetzungen italienischer Autoren erschienen in Augsburger Verlagen.
Konrad Peutinger
Eine der Schlüsselfiguren des Augsburger Humanismus war Konrad Peutinger. Der in Italien ausgebildete Jurist war Berater Kaiser Maximilians I. und besaß eine der größten Bibliotheken nördlich der Alpen. Er sammelte unter anderem italienische Kunstwerke, antike römische Münzen und studierte lateinische Inschriften.
Geboren | 1465, Augsburg, Deutschland |
Verstorben | 1547, Augsburg, Deutschland |
Eltern | Conrad Peutinger, Barbara Frickinger |
Partnerin | Margarete Welser |
Kinder | mindestens acht Kinder; unter anderem Juliana Peutinger, die im Alter von vier Jahren Maximilian I. ein lateinisches Gedicht vortrug |
Money makes the world go round
Die Macht des Geldes
Augsburg war als Stadt des Handels und der Diplomatie
ein günstiges Pflaster für Kaufleute.
Die Fugger und auch die Welser gehörten zu den einflussreichsten und wohlhabendsten Familien nicht nur der Stadt Augsburg, sondern Europas. Ihre Namen wurde zu einem Synonym für Reichtum und politischen Einfluss durch wirtschaftlichen Erfolg.
Denn wer hat,
dem wird gegeben werden…
Ein mächtiges Familienunternehmen
Ursprünglich Weber, gelang den Fuggern ein wirtschaftlicher und sozialer Aufstieg zum bedeutendsten kaufmännischen Unternehmen ihrer Zeit. Sie errichteten ein internationales Handelsnetz und waren auch im lukrativen Bergbau- und Hüttenwesen tätig.
Durch Kreditgeschäfte, für die die moderne italienische Kaufmannstechnik das Vorbild war, hatten sie politischen Einfluss auf die habsburgischen Kaiser von Friedrich III. über Maximilian I. bis zu Karl V. Die wichtigsten Kunden waren neben den Habsburgern die kirchliche Kurie und ihre Würdenträger nördlich der Alpen.
Das Gemälde wurde dreihundert Jahre nach dem Tod der Dargestellten gemalt und stell eine verklärte Sicht des 19. Jahrhunderts auf die wirtschaftlichen und politischen Konstellationen dar. Es zeigt einen Fugger, der die Schuldscheine Kaiser Karls V. verbrennt.
In den Habsburgern fanden die Fugger dankbare Kreditnehmer. Dieser Schuldenerlass war weniger ein freundschaftlicher Akt, sondern eine wohl kalkulierte Investition der Fugger, mit dem sie politischen Einfluss auf den Kaiser nahmen. Vorausgegangen waren knallharte Verhandlungen um die wirtschaftlichen Interessen der Fugger. Für das Erlassen eines Teils seiner Schulden musste der Kaiser als Gegenleistung den Fuggern weitreichende Freiheiten einräumen.
In dem Bild verarbeitet der Maler Carl Ludwig Friedrich Becker (1820–1900) versatzstückartig Vorbilder aus dem 16. Jahrhundert. So erinnert die Figur Karls V. an ein berühmtes Porträt des Kaisers von Jakob Seisenegger im Kunsthistorischen Museum. Die junge Dame hingegen, die dem Monarchen einen kostbaren Humpen mit Wein bringt, ist ein Zitat nach Hans Holbein.
Geld und Kunst
In Anlehnung an den Adel nahmen die Fugger auch im Mäzenatentum einen hervorragenden Platz ein und trugen wesentlich zur kulturellen Blüte der Stadt Augsburg und der deutschen Renaissance bei.
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